STRASSBURG. In seiner Residenz im elsässischen Straßburg hat das EU-Parlament gestern über den Korruptionsskandal diskutiert, in den mehrere sozialdemokratische Politiker verstrickt sein sollen. Mit mutmaßlich mehr als einer Million Euro seien sie vom Emirat Katar geschmiert worden, um zum Beispiel für Visa-Erleichterungen zu stimmen – so die Vorwürfe.
Beinahe gleichzeitig beschloß eine Mehrheit der EU-Staaten, darunter für Deutschland Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), Ungarn wegen angeblicher Korruption 6,3 Milliarden Euro Fördermittel zu streichen. Denn dort sei die „Wahrung der Rechtsstaatlichkeit“ nicht gewahrt.
Orbán witzelt über Doppelmoral des EU-Parlaments
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hatte sich zuvor per Twitter über die Doppelmoral der EU lustig gemacht. Er schrieb: „Guten Morgen dem Europäischen Parlament“ und postete dazu ein Foto mit sich vor Lachen ausschüttenden Politikern der 1980er Jahre, darunter der damalige US-Präsident Ronald Reagan. Auf das Bild schrieb Orbán: „Und dann sagten sie, das Europäische Parlament ist ernsthaft besorgt über die Korruption in Ungarn.“
Good morning to the European Parliament! @Europarl_EN pic.twitter.com/VYXGeSOwul
— Orbán Viktor (@PM_ViktorOrban) December 12, 2022
Das fanden einige Europa-Abgeordnete gar nicht lustig. Anstatt über die Korruption im eigenen Haus zu sprechen, nutzten sie die Debatte für erneutes Ungarn-Bashing. Der Vorsitzende der Fraktion „Erneuert Europa“, der Franzose Stéphane Séjourné, Mitglied der Partei des Präsidenten Emanuel Macron, empörte sich: „Orban versucht die Situation auszunutzen. Aber ich denke an die Menschen in Ungarn, die überhaupt niemanden haben, der sie vor Korruption schützt.“
Inzwischen hat die belgische Polizei laut Staatsanwaltschaft des Landes 20 Räume durchsucht, darunter auch welche im Brüsseler Hauptsitz des Europa-Parlaments. Katarina Barley, die wie die verhaftete griechische Abgeordnete Eva Kaili Vizepräsidentin des Hohen Hauses und Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion ist, räumte gestern Abend ein, daß nun auch die französische Polizei Räume im Straßburger Sitz des Parlaments durchsucht hat.
Vorwurf: Kriminelle Vereinigung im EU-Parlament
Insgesamt stellten die Beamten dabei einen siebenstelligen Euro-Betrag sicher. 600.000 Euro fanden sie im Wohnsitz eines Verdächtigen, mehrere Hunderttausend Euro in einem Koffer in einem Brüsseler Hotel sowie 150.000 Euro in der Wohnung eines EU-Abgeordneten, dessen Name nicht genannt wurde. Kaili soll zudem mehrere Säcke voller Bargeld gehortet haben.
Die Verdächtigen werden der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, der Geldwäsche und der Korruption beschuldigt. (fh)